Frühgeburten sind sowohl für Medizinerinnen und Mediziner als auch für Eltern ein Grund zur Sorge. Die Ursachen, Risiken und Folgen einer Frühgeburt sind sehr verschieden und nicht immer eindeutig. Tatsache ist, dass die fehlenden Wochen im Schutz des Bauches die Gesundheit des Kindes schwächen können und damit das Leben des Kindes und der Eltern stark beeinflussen. Erfahren Sie, wann man von einer Frühgeburt spricht, was Sie präventiv tun können, um eine Frühgeburt möglichst zu verhindern und wie Sie eine Schwangerschaft so unbesorgt wie möglich erleben können.
Medizinerinnen und Mediziner unterscheiden verschiedene Formen der Frühgeburt. Dabei gelten die Schwangerschaftswoche oder das Geburtsgewicht als wesentliche Orientierung zur begrifflichen Bestimmung der vorzeitigen Geburt und für medizinische Entscheidungen.
Kinder, die vor der 22. Schwangerschaftswoche (SSW) geboren werden, sind nur in seltenen Ausnahmefällen lebensfähig. Je nach Entwicklung des Kindes und Zeitpunkt der Schwangerschaft entscheiden Ärzte über lebenserhaltende Maßnahmen.
Ab der 22. Schwangerschaftswoche sprechen Mediziner von einer extremen Frühgeburt. Die Überlebenschancen liegen bei 10 bis 30 Prozent, sind allerdings verbunden mit einem Risiko von 20 bis 30 Prozent für schwere körperliche und geistige Behinderungen. Wichtig für medizinische Entscheidungen sind auch die Interessen und Lebensumstände der Frühchen-Eltern.
Auch bei Geburten nach der 24. SSW sprechen Mediziner von einer extremen Frühgeburt – allerdings steigen die Überlebenschancen stark an, je schwerer die Frühgeborenen sind. So wird sie mit ca. 60 bis 80 Prozent angegeben. Für geburtshilfliche Entscheidungen berücksichtigen Ärzte nun auch die Interessen des Kindes. Entscheidungen treffen Eltern und Arzt in dieser Phase vor dem Hintergrund: Ist ein Leben in Würde mit den erwartbaren Folgen möglich? Die Interessen des Kindes vertritt hierbei der Arzt. Dazu existiert eine Leitlinie, die eine Empfehlung verschiedener medizinischer Fachgesellschaften darstellt und unter Mitwirkung des Deutschen Hebammenverbandes entstanden ist. Sie wird von der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V.) veröffentlicht.
Das Geburtsgewicht der sogenannten „sehr früh Geborenen“ liegt unter 1.500 Gramm. Die Chancen auf ein Leben ohne bleibende gesundheitliche Schäden steigen jetzt auf 95 Prozent. Ab der 30. SSW sinkt die Wahrscheinlichkeit für eine Behinderung auf 15 Prozent. Durch die Ausbildung der Gehirnfurchen reduziert sich beispielsweise die Gefahr für neurologische Beeinträchtigungen. Eine intensivmedizinische Behandlung mit Atemunterstützung oder Medikamenten ist in dieser Zeit oft Bedingung für eine weitere gute Entwicklung. Frühchen, die in dieser Zeit geboren werden, nehmen ihre Umgebung bereits mit allen Sinnen wahr. Daher sind Körperkontakt und liebevolles Sprechen essenzielle Stabilisatoren für das zarte Leben. Ab der 27. SSW können Frühchen den Inkubator bereits für einige Zeit verlassen.
Frühgeburten nach Vollendung der 32. Schwangerschaftswoche oder einem Gewicht von unter 2.500 Gramm definiert die Medizin als „mäßig früh Geborene“. In dieser Zeit sind die Chancen auf ein Leben ohne Einschränkungen sehr gut, vor allem da die Lunge zu diesem Zeitpunkt fast ausgereift ist. Ab der 34. SSW gelten statistisch gesehen die gleichen Überlebenschancen wie für zum Termin geborene Kinder. Die spätere körperliche Entwicklung mäßig früh Geborener unterscheidet sich kaum noch von Kindern, die zum errechneten Termin geboren werden. Ist die Lunge ausgereift, muss das Frühchen nicht einmal mehr beatmet werden und die Eltern dürfen viel Zeit mit ihrem Kind verbringen. Eine ärztliche Überwachung bei einer Frühgeburt ab der 32. SSW ist dennoch zunächst notwendig, bevor das Baby nach Hause kann. Auch werden häufiger Verhaltensauffälligkeiten oder seelische Probleme bei diesen Kindern beobachtet.
Die Ursachen für eine Frühgeburt und eine Gefährdung der Schwangerschaft lassen sich nicht immer eindeutig benennen und bleiben in 40 Prozent der Fälle unklar. Mediziner sprechen daher bei Frühgeburten von einem multifaktoriellen Geschehen. Dennoch lassen sich einige Krankheiten, Fehlbildungen, aber auch biografische, demografische oder soziale Faktoren als mögliche Ursachen oder Risiken eingrenzen.
Dies können u. a. sein:
Ist mindestens einer dieser Faktoren gegeben, spricht man auch von einer Risikoschwangerschaft. Diese besonderen Schwangerschaften benötigen in der Regel eine intensivere ärztliche Begleitung und regelmäßige medizinische Kontrollen.
Schwangere, mit einem hohen Risiko für eine Frühgeburt, sollten sich in einem Perinatalzentrum beraten lassen. Diese Kliniken sind auf die Betreuung von Risikoschwangeren und die Versorgung von Frühgeborenen spezialisiert. Zu den interdisziplinären Teams gehören Spezialistinnen und Spezialisten aus den Fachbereichen Neonatologie (Neugeborenenmedizin), Psychologie, Physiotherapie und Hebammen. Auf dem Informationsportal Perinatalzentren.org finden Sie weitere Informationen und ein Perinatalzentrum in Ihrer Nähe. Die rechtzeitige Wahl der richtigen Klinik kann für Leben und Zukunft eines Kindes entscheidend sein. Gynäkologinnen und Gynäkologen sowie Hebammen sind bei der Wahl einer Klinik behilflich.
Nicht immer äußert sich eine Frühgeburt durch Anzeichen. In 80 Prozent der Fälle wird die werdende Mutter von der vorzeitig einsetzenden Geburt überrascht. Es gab kein Symptom weit und breit. Dennoch gibt es einige Anzeichen für eine drohende Frühgeburt:
Sollten Sie Symptome oder Anzeichen einer bevorstehenden Geburt bemerken oder besorgt sein, gehen Sie unverzüglich zu einer Ärztin, einem Arzt oder in ein Krankenhaus. Grundsätzlich gilt: Je näher die Schwangerschaft dem errechneten Geburtstermin kommt, desto geringer ist das Risiko für eine Frühgeburt.
Statistisch betrachtet fällt das Risiko für frühgeburtliche Folgen, je näher die Geburt dem errechneten Termin kommt. Schon ab der 24. Schwangerschaftswoche liegen die Überlebenschancen bei 80 Prozent und ab einem Gewicht von 1.500 Gramm fällt das Risiko für spätere Komplikationen.
Kinder, die vor der 24. SSW geboren werden oder unter 1.500 Gramm wiegen, haben eine Überlebenschance von 60 Prozent – ein Drittel von ihnen entwickelt sich gut, ein weiteres Drittel lebt mit mittleren und das andere Drittel mit schweren Beeinträchtigungen.
Frühchen haben manchmal einen weiten Weg vor sich: In den ersten Wochen das Ringen um das Überleben, der Kampf gegen Infektionen, das Fehlen der Mutter, im Kindesalter verzögerte kognitive, körperliche und emotionale Entwicklungen sowie psychischen oder sozialen Anpassungsproblemen im Erwachsenenalter. Das zeigen auch die Daten der Bayerischen Entwicklungsstudie (BEST).
Mögliche langfristige Folgen einer Frühgeburt können sein:
Kurzfristige Folgen können sein:
Frühgeborene sind ihrem Wesen nach oft zurückhaltend oder introvertiert – was sich wiederum auf Schulabschlüsse, die berufliche Laufbahn, soziale Beziehungen oder die Partnerwahl auswirken kann. Dennoch sind Frühgeborene nicht zu unterschätzen. Sie benötigen etwa acht Jahre, um den Entwicklungsvorsprung ihrer Altersgenossen aufzuholen. Bis zum Erwachsenenalter sind die meisten Defizite verschwunden. Viele Frühgeborene machen einen guten Schulabschluss und meistern ein gelungenes Leben.
Voraussetzung dafür ist die geduldige, einfühlsame und positive Fürsorge der Frühchen-Eltern und des sozialen Umfeldes sowie eine individuelle therapeutische Begleitung durch Kinderärztinnen und -ärzte sowie Spezialistinnen und Spezialisten – etwa in den Bereichen Krankengymnastik, Ergotherapie oder Logopädie.
Um die Folgen einer Frühgeburt so gering wie möglich zu halten, ist bei einer anstehenden Frühgeburt die Entbindung in einer speziellen Klinik (Perinatalzentrum) oder in einer Frauenklinik mit einer Neugeborenen-Intensivstation eine wesentliche Voraussetzung. Frauen mit Risikoschwangerschaften sollten sich daher frühzeitig in einer auf Neugeborene spezialisierten Klinik vorstellen.
Fundamentale Voraussetzung für die Prävention einer Frühgeburt ist das zeitige Erkennen von Schwangerschaften mit einem Frühgeburtsrisiko durch eine Ärztin oder einen Arzt. Denn die Medizin weiß wirksame Mittel und Wege, um eine Frühgeburt zu verhindern.
In erster Linie kommt es aber auf einen gesunden Lebensstil an – dazu zählen vor allem:
Außerdem wichtig: Nehmen Sie die Vorsorge- oder andere Kontrolltermine zum Ultraschall oder Labortest immer und regelmäßig wahr. Zögern Sie nicht, um weitere Termine zu bitten, wenn Sie Anzeichen einer Frühgeburt vermuten oder Sie sich Sorgen machen.
Eine Frühgeburt ist schon lange kein Urteil mehr für lebenslange körperliche oder geistige Beeinträchtigungen des Frühgeborenen. Im Gegenteil: Die Prognosen werden immer besser. Schon ab der 24. Schwangerschaftswoche sind die Überlebenschancen und Prognosen für ein gesundes Leben mittlerweile recht gut.
Einerseits erhöhen sich die Standards in der intensivmedizinischen Betreuung von Frühchen ständig, andererseits tut sich auf dem Gebiet der Frühgeburten-Prävention eine Menge: Durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, aber vor allem auch durch die Progesteron-Substitution können zahlreiche Frühgeburten verhindert werden. Schwangere mit dem erhöhten Risiko für eine Frühgeburt können sich in spezialisierten Perinatalzentren beraten lassen.
Wenn es doch zu einer Frühgeburt kommt, steht Eltern und Frühchen ein hoch spezialisiertes Team mit Spezialistinnen und Spezialisten aus den Fachbereichen Neonatologie (Neugeborenenmedizin), Psychologie, Physiotherapie und Hebammen zur Seite, um mit der unerwarteten Situation bestmöglich zurechtzukommen und die besten Entscheidungen zu treffen. Unterstützung und Begleitung finden Eltern von Frühchen auch beim Bundesverband „Das frühgeborene Kind“ e. V. Eigentlich ist es kein Wunder – denn das Leben ist stark, so dass viele Frühchen als Erwachsene ein ganz normales Leben führen.
Übrigens: Am 17. November ist der Welt-Frühgeborenen-Tag.
Unser Selbsttest orientiert sich an den Empfehlungen von medizinischen Fachgesellschaften zur Anwendung von Progesteron, um das Risiko von Frühgeburten zu reduzieren. Finden Sie jetzt heraus, ob eine Progesteronanwendung für Sie sinnvoll sein kann.