Natürliches Progesteron ist eine aus pflanzlichen Vorstufen hergestellte Substanz, die identisch zum körpereigenen Progesteron ist. Man nennt es auch bioidentisches oder naturidentisches Progesteron. Bei Frauen mit niedrigen Progesteronwerten in der fruchtbaren Phase hilft natürliches Progesteron oftmals bei der Förderung und Erhaltung einer Schwangerschaft. In den Wechseljahren verabreicht, schützt Progesteron die Gebärmutterschleimhaut vor östrogenbedingten Wucherungen, wenn ein Östrogenpräparat eingenommen wird. Zudem kann es unangenehme Beschwerden der Wechseljahre lindern. Erfahren Sie hier mehr über natürliches Progesteron.

Natürliches Progesteron aus Yams
Foto: gettyimages/chengyuzheng

Diosgenin aus der Yamswurzel ist der Ausgangsstoff für Progesteron.

Wie wirkt naturidentisches Progesteron?

Das bioidentische Progesteron wirkt wie das körpereigene Progesteron (Gelbkörperhormon) vielfältig auf den Körper, insbesondere auf das Fortpflanzungssystem1. Die Hauptaufgabe des Gestagens Progesteron ist es, eine Schwangerschaft zu ermöglichen und aufrechtzuerhalten. Durch Progesteron wandelt sich die Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) nach dem Eisprung in der 2. Zyklushälfte um. Dadurch kann sich die befruchtete Eizelle einnisten. Zudem verhindert Progesteron bei einer Schwangerschaft, dass weitere befruchtungsfähige Eizellen entstehen und die Periode einsetzt.

Progesteron ist offenbar auch wichtig für starke Knochen und kann den Aufbau neuer Knochensubstanz fördern. Dies kann zusätzlich zu Östrogenen vor Osteoporose schützen.

Außerdem beeinflusst Progesteron

  • die Haut und die Haare,
  • die Körpertemperatur,
  • das Nervensystem und
  • die Verdauung.

Was bedeuten niedrige Progesteronwerte?

Ist das Progesteron im Zyklusverlauf zu niedrig, dominiert das Östrogen im weiblichen Körper. Man spricht von einer Östrogendominanz. Die Folgen und Symptome sind vielfältig. Beispielsweise bleibt eine gewünschte Schwangerschaft häufig aus. Ebenso verursachen niedrige Konzentrationen an Progesteron bei einigen Frauen das prämenstruelle Syndrom (PMS), Brustschmerzen oder Wechseljahresbeschwerden. Auch Schlafstörungen, Hautprobleme und Haarverlust können mit niedrigen Progesteronwerten zusammenhängen.

Lesen Sie hier, welche Progesteronspiegel normal sind und wie der Arzt sie bestimmt.

Bei Progesteronmangel: natürliches Progesteron oder synthetische Gestagene

Die Gabe von natürlichem Progesteron erhöht die Progesteronkonzentration. Synthetische Gestagene wirken nicht absolut identisch wie natürliches Progesteron. Das liegt daran, dass die Struktur synthetischer Gestagene von der des körpereigenen Progesterons abweicht.

Sie wirken langanhaltender und deutlich stärker als körpereigenes Progesteron. Angewendet werden sie vorwiegend in hormonellen Verhütungsmitteln (Anti-Baby-Pille) oder bei einer Hormonersatztherapie (engl.: Hormone Replacement Therapy = HRT) in den Wechseljahren. Gerade für eine HRT werden jedoch bioidentische Hormone als risikoärmere Variante empfohlen, sodass als Gestagen möglichst natürliches Progesteron verwendet werden sollte2,3.

Weitere Unterschiede von natürlichem Progesteron und synthetischen Gestagenen finden Sie hier.

Wie wird bioidentisches Progesteron hergestellt?

Der Pflanzenstoff Diosgenin dient als Basis für die Herstellung von Progesteron. Er findet sich in größeren Mengen in der Yamswurzel. Auch die Sojabohne enthält eine Substanz (Stigmasterin), die zu Progesteron umgewandelt werden kann. Generell wandelt ein Mensch Diosgenin oder Stigmasterin nicht selbstständig in Progesteron um. Das ist im menschlichen Stoffwechsel nicht vorgesehen. Die Umwandlung von Diosgenin zu natürlichem Progesteron in verschiedenen Schritten erfolgt deshalb im Rahmen der Wirkstoff-Herstellung.

Um zu wirken, ist eine sehr hohe orale Dosis des natürlichen Progesterons notwendig. Denn die Aufnahme von oral eingenommenem natürlichem Progesteron aus dem Darm ist eingeschränkt und das Progesteron wird rasch abgebaut. Um dieses Problem zu lösen, verfolgten Wissenschaftler zwei unterschiedliche Ansätze:

  1. Herstellung von synthetischen Gestagenen und
  2. Mikronisierung der Substanzpartikel.

Herstellung synthetischer Gestagene

Um eine höhere Wirkung zu erzielen, veränderten Wissenschaftler die Struktur des Progesterons chemisch. Oder sie wandelten männliche Hormone so um, dass diese wie Gestagene wirkten. Um die natürlichen Gestagene von den synthetischen Hormonen zu unterscheiden, verwendet man für letztere die Bezeichnung Progestine oder Progestagene.

Bessere Aufnahme durch Mikronisierung

In einem weiteren Verfahren änderten Wissenschaftler die Partikelgröße. Die Verkleinerung der Substanz, die sogenannte Mikronisierung, bewirkt eine bessere Aufnahme von Progesteron.

Seit dem Jahr 1980 ist mit mikronisiertem, natürlichem Progesteron als zugelassenem Fertigarzneimittel eine orale Therapie möglich. Mikronisiertes Progesteron wird zusätzlich in Form von Kapseln oder Gel auch vaginal angewendet. Dies führt gezielt und schnell zu einem hohen Progesteronspiegel in der Gebärmutter (Uterus) und der Gebärmutterschleimhaut.

Apotheken stellen zudem Cremes mit Progesteron her, zu denen in der Regel jedoch keine Daten zur Wirksamkeit und Unbedenklichkeit aus klinischen Studien vorliegen.

Progesteron (= Gelbkörperhormon) liegt auf natürliche Weise nur bei Menschen und Tieren vor. Es entsteht in mehreren Schritten im Gelbkörper aus Cholesterin und dient auch als wichtige Ausgangssubstanz für weitere Hormone. Beispielsweise wird das Gelbkörperhormon über verschiedene Zwischenschritte zum männlichen Geschlechtshormon Testosteron umgewandelt. Daraus entsteht wiederum das weibliche Geschlechtshormon Östradiol, ein Östrogen.

Referenzen

  1. Lee JR. Natural Progesterone: The Multiple Roles of a Remarkable Hormone: Jon Carpenter; 1996.
  2. The 2017 hormone therapy position statement of The North American Menopause Society. Menopause. 2017;24(7):728-753.
  3. Mueck AO. Transdermales Östradiol und Progesteron. Die einzig bioidentische HRT, diskutiert auf dem NAMS-Kongress 2016. Gynäkolog Endokrin. 2017;15(1):65-72.